Kettwig Rathaus„Es steht der CDU ja wie jeder Fraktion in der Bezirksvertretung frei zu entscheiden, ob und wann sie in einen Wahlkampf startet. Ob die momentane Krisensituation der richtige Moment dafür ist, möchte ich aber mit einem kurzen Fragezeichen versehen“, äußert sich der Vorsitzende der SPD-Fraktion Daniel Behmenburg irritiert über jüngste Verlautbarungen der Kolleginnen und Kollegen der Union in dem Bezirksgremium. Die CDU-Fraktion hatte jüngst in einer Pressemitteilung bemängelt, dass der Bezirksbürgermeister Benjamin Brenk die turnusmäßige Sitzung Ende Mai im mehr als dreimal so großen Ratssaal im Essener Rathaus (im Vergleich zum Kettwiger Rathaus) abhalten möchte.

 

Behmenburgs Kollegin Heike Lohmann ergänzt: „Ich persönlich empfinde es als äußerst angenehm, wenn der Bezirksbürgermeister es nicht zur Regel werden lässt, durch gemeinsam mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden unterzeichnete Dringlichkeitsentscheidungen den politischen Alltag zu prägen. Debatten über Themen und Beschlussfassungen gehören in die politischen Gremien. Das betrifft übrigens insbesondere die kleinen Fraktionen und Einzelvertreter, deren Beteiligungsrechte damit sichergestellt werden. Ich bin froh und dankbar, dass der Bezirksbürgermeister versucht dieses so gut wie möglich in der aktuellen Krisenzeit sicherzustellen. Wir erwarten dann in der Sitzung auch von der Verwaltung klare Aussagen zur Haushaltssperre des CDU-Kämmerers, die wir insbesondere bei den Mitteln der Bezirksvertretungen für einen unüberdachten Schnellschuss halten.“

Am 13. März hatte die SPD-Fraktion bereits Vorschläge gemacht, wie man Sitzungen in Corona Zeiten sicher abhalten kann, zum Beispiel durch vorherige Verständigung der Fraktionen auf die Tagesordnungspunkte, die ohne Debatte entschieden werden können, durch Verzicht auf Anträge der Fraktionen, um die Sitzungen möglichst kurz zu halten und durch Abstimmen in Fraktionsstärke, um Kolleginnen und Kollegen, die Risikogruppen angehören, die Möglichkeit zu geben, nicht an der Sitzung teilzunehmen. „Leider hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion sich im Gegensatz zu den anderen Kolleginnen und Kollegen bisher nicht zu den Vorschlägen geäußert. Das ist aber durchaus sinnbildlich für seinen momentanen Aktivitätsgrad. Auch im aktuellen Fall begnügt er sich damit, den Bezirksbürgermeister zu kritisieren, anstatt eigene Ideen zu entwickeln und aufzuzeigen, wie man mit der aktuellen Situation umgehen kann. Bei allem Verständnis dafür, dass eine verlorene Wahl zum Bezirksbürgermeister erst einmal verdaut werden muss, irgendwann muss man auch mal aus der Schmollecke zum konstruktiven Austausch zurückfinden. Falls nicht, sollte man wenigstens diejenigen ihre Arbeit machen lassen, die bereit sind, Verantwortung in dieser Krisenzeit zu übernehmen“, so Behmenburg.

Bei allem augenzwinkernden Verständnis dafür, dass die CDU-Fraktion im Wahlkampfmodus an einigen Stellen über das Ziel hinausschießt, möchte Bezirksvertreter Jan Robert Belouschek aber ein paar Dinge klarstellen: „Die Ansicht der CDU-Fraktion, dass Sitzungen der Bezirksvertretung nur dazu dienen, Mittel zu verteilen, verwundert dann schon, lässt aber auch tief blicken. Wir haben da einen anderen Anspruch und wähnen uns da in der Mehrheit mit den Kolleginnen und Kollegen in der Bezirksvertretung. Es geht hier um die Beteiligung in allen bezirklichen Belangen, um Lösungen dafür, wenn vor Ort der Schuh drückt. Übrigens Rechte, die wir immer wieder gegenüber dem Rat der Stadt Essen und der Verwaltung einfordern. Und insbesondere die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, dass Ihre Eingaben schnellst möglich behandelt werden. Und zwar in einer öffentlichen Sitzung. Aber auch der Vergleich einer Sitzung der Bezirksvertretung mit der Öffnung der Bürgerämter offenbart ein seltsames Demokratieverständnis der Kolleginnen und Kollegen. In einem Bürgeramt kann man die Anzahl der Besucherinnen und Besucher regulieren, zum Beispiel über die Anzahl der Termine, über eine Beschränkung des Leistungsangebots auf wichtige Dienstleistungen. Von einer Sitzung der Bezirksvertretung kann man niemanden ausschließen, schon gar nicht die Öffentlichkeit oder gewählte Vertreterinnen und Vertreter, deshalb ist der Weg einen entsprechend großen Raum zu suchen, genau der richtige Kompromiss.“

„Ich freue mich in dem Zusammenhang, dass die CDU-Bezirksfraktion dem aktuellen Kettwiger Ratsherrn widerspricht und eine Öffnung der Bürgerämter der kurzen Wege, nämlich in den Stadtbezirken, der Öffnung von großen Bürgerämtern vorzieht“, so Katja Geier, Mitglied der Bezirksvertretung IX. Der momentane Kettwiger Ratsherr hatte in einer Pressemitteilung Verständnis für die Schließung des Bezirksbürgeramtes in Kettwig zugunsten der größeren Bürgerämter geäußert. „Politik macht auch mal Fehler, es gehört wie in diesem Fall von der CDU-Fraktion Größe dazu, dieses anzuerkennen. Ich bin mir sicher, dass sich die konstruktiven Kräfte bei den Kolleginnen und Kollegen der Union wieder durchsetzen und wir zu einem guten Miteinander zurückkehren werden“, so Katja Geier versöhnlich abschließend.